Plenarvorträge der eingeladenen Gäste

Prof. Dr. Christian Efing (Bergische Universität Wuppertal):
Zum Erklärpotenzial von ‚Varietät‘ und ‚konzeptioneller Mündlichkeit‘ für grammatische und Textsorten-Variation im Gegenwartsdeutschen

Variationslinguistik ist nicht gleich Varietäten- oder Soziolinguistik – aber beide Forschungsrichtungen beschäftigen sich aus ihrer jeweiligen Perspektive mit benachbarten oder sogar identischen Phänomenen und arbeiten zum Teil mit den gleichen Konzepten. Der Vortrag fragt danach, ob bzw. wie gut/schlecht und sinnvoll typische Phänomene der grammatischen Variation im Gegenwartsdeutschen mithilfe der etablierten Konzepte ‚Varietät‘und ‚konzeptionelle Mündlichkeit‘ erklärt werden können, und diskutiert mögliche begrifflich-konzeptuelle Alternativen. Dabei wird ein Fokus auf die Variation (und ihre Akzeptabilität und Funktionalität) im Kontext der Kommunikation in den sog. Neuen Medien gelegt, aber auch diskutiert, wie sich die Situation der Variation in formelleren, d. h. stärker normierten und standardisierten Bereichen wie der Fach- und Berufskommunikation darstellt, die durch Texte geprägt sind, die einem traditionelleren Begriff von (konzeptioneller) Schriftlichkeit entsprechen.

Prof. Dr. Alexandra N. Lenz (Universität Wien):
Deutsch in Österreich. Variation - Kontakt - Perzeption

Der Vortrag präsentiert Fragestellungen, Methoden und erste Ergebnisse aus dem SFB „Deutsch in Österreich (DiÖ). Variation - Kontakt - Perzeption“. Gegenstand des SFB ist das Gesamtspektrum der Variation und Varietäten des Deutschen in Österreich, das aus den Perspektiven der Variationslinguistik, der Sprachkontakt- und Mehrsprachigkeitsforschung sowie der soziolinguistisch basierten Perzeptions- und Spracheinstellungsforschung umfangreichen Analysen unterzogen wird. Der Schwerpunkt des Vortrags wird auf variationslinguistischen Fragestellungen im Hinblick auf das Sprachrepertoire von DiÖ-SprecherInnen liegen: Wie sehen die „sprachlichen Möglichkeitsräume“ von DiÖ-SprecherInnen aus? Welche Ausschnitte des komplexen Variationsraums werden von welchen SprecherInnen in welchen situativ‐pragmatischen Kontexten und Funktionen in welcher Art und Weise eingesetzt? Welche sprachdynamischen Hypothesen lassen sich aus der aktuell zu beobachtenden (synchronen) Variation im Hinblick auf zukünftige Sprachwandelprozesse ableiten? Dem Tagungsthema Rechnung tragend werden zur Diskussion unterschiedlichste Daten und Materialien herangezogen, auf denen die Analysen basieren. Dabei soll auch der Frage nachgegangen werden, welche Text- und Datentypen sich zur Analyse welcher variationslinguistischen Fragestellungen eignen bzw. welche methodologischen Herausforderungen mit ihnen verbunden sind.

Dr. Noah Bubenhofer (Universität Zürich):
Zwischen Rauschen und Variation: Korpuslinguistische Zugänge zur Varietätenlinguistik

Die Korpuslinguistik rühmt sich, linguistische Fragestellungen empirisch, allenfalls sogar datengeleitet angehen zu können. Auch Variationsphänomene lassen sich korpuslinguistisch operationalisieren, wobei sich gerade mit der quantitativen Perspektive die Frage stellt: Wann messen wir in den Daten einfach nur Rauschen, also linguistisch nicht bedeutsame Variation, wann nicht? Und welche messbare Variation ist überhaupt linguistisch bedeutsam?